Verschiedene Führungsstile an der Unternehmensspitze

Wie lässt sich mit unterschiedlichen Führungsstilen in Coaching und Supervision gewinnbringend arbeiten?

Wo es mehr als eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer gibt, können die unterschiedlichen Herangehensweisen in Führungsteams auch zu Konflikten führen.

  • Wie lassen sich unterschiedliche Führungsstile in der Leitung/Geschäftsführung vereinen?
  • Was sind Erfolgsfaktoren oder Hindernisse in der Zusammenarbeit?

Wie kann Führungserfolg erreicht werden?

Die Führungstheorie und Forschung hat verschiedene Modelle dazu entwickelt, wie der Führungserfolg erreicht werden kann.

Die Great-Man-Theorie (Stogdill 1974) ging davon aus, dass man zum Führer geboren sein muss. In Fachkreisen gilt diese Theorie als hoffnungslos veraltet, dennoch ist in der Praxis gerade bei der Neubesetzung von höheren Führungspositionen immer wieder die Neigung festzustellen, Krisen durch den Austausch von Führungskräften bewältigen zu wollen, die dann aufgrund ihres Persönlichkeitsprofils als Heilsbringer wahrgenommen werden. Auch eigenschaftstheoretische Modelle mit einer Aufzählung von Charaktermerkmalen, die man als erfolgreiche Führungspersönlichkeit aufweisen sollte, sind zu finden.

Die Führungsstilforschung versucht seit den späten 1960er und frühen 1970er Jahren stärker auf das gestaltbare Verhalten und auf die Situation und den Einfluss der Geführten auf den Führungserfolg zu fokussieren. Man geht von der Annahme aus, dass der optimale Führungsstil vom Reifegrad und der Komplexität der Mitarbeitenden und der Tätigkeit abhängen. Führung wird zum dialogischen Prozess.

Aktuell beziehen sich viele Organisationen auf das Model der transformationalen Führung, d.h. es geht im Wesentlichen darum die Eigenmotivation und die Arbeitszufriedenheit anzusprechen.

Systemische Führungsansätze betrachten die Wirkmächtigkeit von Führung deutlich skeptischer. Der systemisch konstruierte Blick rückt die organisationalen Kontexte von Führung verstärkt in den Mittelpunkt. Die Professionalisierung von Führung wird hier als gemeinsamer Reflexionsprozess von Führungskräften und Mitarbeitenden gesehen.

Obwohl Führungsstile in der Forschung der Arbeits-und Organisationspsychologie lange Tradition haben, werden die meisten Ansätze mittlerweile kritisch gesehen, da sie willkürlich Variablen unterschiedlicher Handlungs- und Kognitionsaspekte isolieren, sie zu wenig nach Anforderungen auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen, Größe, Alter, Transformationsstand differenzieren und erfolgreiche Führung stärker mit der Entwicklung und Übereinstimmung der Branche variiert als mit kategorialen Anforderungen.

Das Konzept psychodynamischer Führungsansätze für die Beratungspraxis

Für die konkrete Beratung von Führungsteams hat sich jedoch das Konzept psychodynamischer Führungsansätze (Lohmer, 2012) bewährt. Ihre Beschreibung dient dazu, Muster des Führungshandelns zu beschreiben und ihre Wirkung für einzelne Situationen zu diskutieren.

Der kontrollorientierte Führungsstil hat Ordnung, Struktur und Planung im Vordergrund. Emotion, Beziehung und Politik werden dagegen als Ebenen erlebt, die entweder unverständlich sind oder untergeordnet werden müssen.

Der alarmbereite Führungsstil zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, Dinge zu hinterfragen. Menschen mit diesem Führungsstil beschäftigen sich damit, ob sich hinter den sichtbaren Vorgängen nicht noch andere Vorgänge verbergen. Emotional sind diese Führungskräfte mit der Abwendung von Bedrohung befasst. Die Stärken liegen darin kritisch zu sein und damit einen Gegensatz zu den „Gutgläubigen“ zu bieten.

Der lebhaft-innovative Führungsstil zeigt sich durch spontanes, aktives Handeln: Hauptsache es passiert etwas Sichtbares und möglichst Neues. Die große Stärke ist die Faszinationskraft, die schnell Vertrautheit, Loyalität und Gefolgschaft bei Mitarbeitenden und Kunden schafft. Menschen mit dieser Verhaltenspriorität sind sehr flexibel und offen für neue Ideen, können durch schnelle Intimität andere für sich gewinnen. Problematische Aspekte und Hindernisse werden übersehen. Andere müssen ihre sprunghaften Tendenzen, ihre fehlende Selbstdisziplin und ihre Dramatisierungen ausgleichen.

Der machtorientierte Führungsstil strebt permanent nach Veränderung und Erfolg. Es besteht ein besonderes Gefühl für Macht und wichtige Stellen für Einflussnahme. Häufig sind Menschen mit dieser Persönlichkeitspräferenz sehr empfindlich für Kritik, sehen diese als Bedrohung und nicht als hilfreiche Korrekturmöglichkeit.

Der sachorientierte Führungsstil zeichnet sich durch hohe Autonomie und Objektivität aus. Menschen mit dieser Ausrichtung haben auch keine Angst zu widersprechen, wenn sie der Ansicht sind die vorgeschlagene Lösung sei falsch. Sie vermögen eine Idee, Erfindung voranzutreiben, ohne ständig durch Abstimmungen/ Kundenwünsche abgebracht zu werden. Die Mitarbeitende fühlen sich jedoch häufig alleine gelassen. Feedback und Resonanz fehlt meistens.

Der konsensorientierte Führungsstil zeichnet sich durch eine umgängliche und angepasste Art aus. Die Stärke dieser Führungskräfte liegt darin, dass sie nicht überstürzt handeln, sondern zuerst alle Möglichkeiten durchdenken und die Meinung aller Betroffener einholen. Klarheit und Entscheidungskraft werden oft vermisst.

Im Coaching von Führungsteams können die unterschiedlichen Präferenzen erkannt, Vor- und Nachteile benannt und für das Gesamtunternehmen wirkungsvoll eingesetzt werden. Es gibt keine Führungskraft, die alle notwendigen Eigenschaften und Kompetenzen hat und die meisten Menschen haben meist zwei bevorzugte Persönlichkeitsstile. Es geht also immer auch um ein genaues Hinsehen und Überlegen, wie die eigenen Schwächen durch andere kompensiert und die Stärken zum Glänzen gebrachten werden können. Die Arbeit im Team bietet dazu viele Vorteile. Den Coaches kommt bei dieser Arbeit die Rolle zu, auch die Organisation des jeweiligen Führungsteams im Blick zu behalten, bevorzugte Führungsstile bzw. Annahmen guter Führung in Frage zu stellen und unbewusste Vorgänge und Muster wahrzunehmen. Diese Perspektive auf das Gesamtsystem unterstützt das Führungsteam bei der Gestaltung der Zusammenarbeit als auch bei der strategischen Aufstellung.

Christiane Münderlein